Ein umfassender Plan zur Bekämpfung der Muslimbruderschaft in Österreich

Ein umfassender Plan zur Bekämpfung der Muslimbruderschaft in Österreich


Vor knapp einem Monat führte die österreichische Polizei Razzien gegen Vereine und Einzelpersonen durch, die mit der Muslimbruderschaft in Verbindung stehen.

Ein umfassender Plan zur Bekämpfung der Muslimbruderschaft in Österreich

Dieser Schritt kann nur der Beginn eines langen Prozesses sein, wenn die österreichischen Behörden die Bedrohung durch die Gruppe und ihre extremistische Ideologie ernsthaft bekämpfen wollen. Nach Ansicht verschiedener arabischer und europäischer Experten sollte die österreichische Regierung dazu eine Reihe sicherheitspolitischer, politischer und sozialer Maßnahmen ergreifen.

Am 9. November führte die österreichische Polizei in Wien und in den Bundesländern Steiermark, Kärnten und Niederösterreich Razzien durch, die Dutzende von Personen und Vereinigungen mit mutmaßlichen Verbindungen zu terroristischen und kriminellen Organisationen zum Ziel hatten.

Die Razzien waren das Ergebnis einer einjährigen Erhebung gegen die Muslimbruderschaft, die gemäß den Ermittlern „eine radikal-islamistische und extrem antisemitische Organisation ist“. Innenminister Karl Nehammer erklärte, die Polizeiaktion versuche, „dem Extremismus den Nährboden“ zu entziehen.

Warum die Muslimbruderschaft?

Unter den Organisationen des politischen Islam ist die 1928 in Ägypten gegründete Muslimbruderschaft die zentrale Mutterorganisation und die Quelle der meisten Ideen des Islamismus, sowohl in seinen gewalttätigen als auch in seinen gewaltlosen Erscheinungsformen, die eng miteinander verbunden sind.

Österreichische Ermittler warfen der Muslimbruderschaft vor, sie versuche, „in allen Ländern der Erde einen islamischen Staat auf der Grundlage des islamischen Rechts zu errichten“. Über die Gefährlichkeit dieser Organisation und ihrer Ideen sagte der Professor für Religionswissenschaften an der Universität Wien, Wolfram Reiss, gegenüber dem Autor dieses Artikels

„Die Ideologie der Muslimbruderschaft ist die Grundlage terroristischer Ideen. Und Sayyid Qutb, eine führende Persönlichkeit der Muslimbruderschaft, legte die ideologische Grundlage für viele radikale Gruppen, die seit den 1970er Jahren entstanden sind.“

Das bedeute nicht, so Reiss weiter,

„dass die gesamte Bewegung der Muslimbruderschaft als terroristisch bezeichnet werden kann, denn auch viele Muslimbrüder haben der Gewalt abgeschworen und den politischen Weg eingeschlagen, um ihre politischen Ziele zu erreichen. Ich halte es für falsch, die Muslimbruderschaft zur Gänze mit Terroristen gleichzusetzen. Es gibt einen radikalen, gewalttätigen Flügel, aber es gibt auch einen gemäßigten Flügel.“

Mohamed Hassan Amer, ein ägyptischer Forscher, der sich auf radikale Organisationen spezialisiert hat, erklärte, dass die Strategie der islamistischen Organisation vielmehr darin bestehe, dass

„die Muslimbruderschaft demokratische Mittel benutzt, um undemokratische Ziele zu erreichen. Die Gruppe ist undemokratisch und nimmt den politischen Weg, um an die Regierung zu gelangen und dann ein totalitäres Regime zu errichten.“

Ahmed Ban, ein Dissident der Muslimbruderschaft und nun Forscher über islamische Bewegungen, stimmt Amer zu und ergänzte dem Autor gegenüber:

„Ich glaube, dass die Muslimbruderschaft einen besonderen Plan für Österreich hat. … Die Organisation will Österreich und seinen politischen Entscheidungsprozess kontrollieren. Österreich war viele Jahre lang einer der wichtigsten sicheren Zufluchtsorte der Muslimbruderschaft.“

Gibt es einen Plan?

Es ist nicht leicht, eine neun Jahrzehnte alte Organisation zu bekämpfen, die intensive dynamische, soziale und organisatorische Erfahrungen gesammelt und eine ausgezeichnete Fähigkeit zur Untergrundarbeit entwickelt hat. Daher erfordert der Kampf gegen die Muslimbruderschaft einen umfassenden Plan auf sicherheitspolitischer, politischer, sozialer und wirtschaftlicher Ebene, der letztlich ihre Wirkung auf islamische Gemeinden und Communities abschwächt. In diesem Zusammenhang sagte Ahmed Ban:

„Die Auseinandersetzung mit einer starken Organisation wie der Muslimbruderschaft in Österreich beginnt mit den laufenden Ermittlungen. Um eine klare Verurteilung der Organisation zu erreichen, bedarf es Experten, die zugleich wissenschaftliche Fähigkeiten besitzen, die arabische Sprache sprechen und über ein starkes Wissen über die Organisation und ihre Methoden verfügen.

Darüber hinaus sollte die Regierung einen Sicherheitsapparat einrichten, der sich an den Expertenempfehlungen bei der Überwachung der Aktivitäten von Vereinigungen und Einzelpersonen orientiert, die mit der Muslimbruderschaft verbunden sind“.

Auf die Frage, wie es um die Möglichkeit eines Verbots der Muslimbruderschaft besteht, sagte Heiko Heinisch, Mitautor des Buches „Europa, Menschenrechte und Islam – ein Kulturkampf?“, gegenüber dem Autor:

„Rechtlich gesehen wird dies sehr schwierig sein. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass das Vereinsrecht geändert wird und einzelne Vereinigungen, die extremistische Positionen vertreten, leichter aufgelöst und verboten werden können.“

Die muslimische Bruderschaft sei auf Finanzierung aus dem Ausland angewiesen, weswegen Österreich die Finanzen der Gruppe kontrollieren sollte, erklärte der Professor für Islamische Religionspädagogik an der Universität Wien, Ednan Aslan, und fügte hinzu, dass dies ein entscheidender Schritt wäre, um die Aktivisten der Bruderschaft unter Kontrolle zu bringen. Darüber hinaus befänden sich eine Reihe privater Unternehmen im Besitz der Muslimbruderschaft, warnte Mohamed Hassan Amer:

„Die Gruppe benutzte das Privatunternehmen, um Geld zu gewinnen, das zur Finanzierung ihrer Aktivitäten erforderlich ist. Österreich muss die Unternehmen im Besitz der Muslimbrüder überwachen und die ausländische Finanzierung von islamischen Vereinigungen und Moscheen verbieten.“

Europäischer Islam

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) sollte sich öffentlich von dieser Organisation distanzieren und die Lehrer, die der Muslimbruderschaft nahestehen, vom Schuldienst ausschließen, so Aslan, da momentan viele Religionslehrer die Ideen der Muslimbruderschaft in den Schulen in Österreich verbreiteten. Der ägyptische Forscher Amer sagte in diesem Zusammenhang, dass

„Europa dringend eine europäische Version des Islam braucht, die von der Flexibilität der islamischen Religion und ihrer Fähigkeit profitiert, sich an verschiedene Umgebungen anzupassen, angesichts des großen Versagens bei der Integration der Muslime in die europäischen Gesellschaften bis heute. Es muss ein zwingendes Programm zur Ausbildung von Imamen geben, um eine Generation österreichischer Imame aufzubauen, die europäische Werte mit den Lehren der islamischen Religion integrieren können und nicht dem Einfluss von Organisationen oder Staaten unterliegen.“

Darüber hinaus sollte das Integrationsministerium unverzüglich eine Kampagne unter den muslimischen Gemeinden starten, die über die Gefahr der Bruderschaft aufklärt und den Muslimen bei der Integration in die Gesellschaft hilft, beschloss Amer seine Ausführungen.

In den vergangenen Jahrzehnten hat die Muslimbruderschaft in Europa weniger Aufmerksamkeit erregt, aber ihr ambivalenter Ruf in Ägypten hat doch zu Spekulationen über ihren Charakter geführt. In Wirklichkeit besitzt die Muslimbruderschaft aber eine starke Präsenz in Europa durch eine Reihe von Organisationen, Vereinigungen, Moscheen und viele einflussreiche Führer.

Ihre Kritiker betrachten die der islamistischen Organisation angeschlossenen europäischen Organisationen als Teil einer suspekten, geschlossenen, zentral geführten weltweiten Organisation, die die Entfremdung der Muslime in Europa verstärkt.

 


Autor: Mena Watch
Bild Quelle: Von Gugerell - Eigenes Werk, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=50314455


Mittwoch, 09 Dezember 2020

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