20 Jahre zweite „Intifada“: „Wir waren wild darauf, Blut zu sehen“

20 Jahre zweite „Intifada“: „Wir waren wild darauf, Blut zu sehen“


Eine antisemitische Lüge, verbreitet von der Palästinensischen Autonomiebehörde, führte zum Lynchmord an zwei israelischen Soldaten.

20 Jahre zweite „Intifada“: „Wir waren wild darauf, Blut zu sehen“

Zwei Wochen nach Beginn der zweiten „Intifada“ lyncht ein palästinensischer Mob in Ramallah zwei israelische Reservisten, die sich mit ihrem Auto verfahren haben. In einem unvorstellbaren Blutrausch tritt und schlägt die Meute anschließend noch auf die Leichen ein, schleift sie durch die Straßen und feiert ihren „Sieg“. Vorausgegangen ist den barbarischen Morden eine antisemitische Propagandalüge.

Von den Bildern, die einen besonderen Symbolgehalt für die zweite „Intifada“ der Palästinenser haben, hat sich nicht zuletzt jenes zutiefst verstörende Foto eingeprägt, das am 12. Oktober 2000 entstanden ist.

Es zeigt einen jungen Mann im weißen T-Shirt, der an einem geöffneten Fenster steht und nach draußen gewandt ist; sein Blick ist entrückt, sein Mund geöffnet, seine Hände hat er triumphierend erhoben wie ein Fußballspieler nach einem Torerfolg. Unter ihm, vor dem Gebäude, sind mehrere ebenfalls jubelnde Männer zu sehen. Der Grund für die Euphorie ist allerdings kein erfreulicher, sondern im Gegenteil ein überaus grausamer, worauf die blutverschmierten Handinnenflächen hindeuten, die der Mann der Menge präsentiert.

Wild auf Blut

20 Jahre ist er alt, sein Name ist Abdel Aziz Salha. Gemeinsam mit mehreren anderen Männern hat er soeben die beiden israelischen Reservisten Yossi Avrahami (38) und Vadim Nurzhitz (33) in einer Polizeistation in Ramallah gelyncht. In einer Vernehmung sagen wird Salha später sagen:

„Wir waren ganz wild darauf, Blut zu sehen … Ich betrat den Raum. … Ich sah einen israelischen Soldaten auf dem Boden vor der Tür. Als ich näher an ihn herantrat, sah ich ein Messer in seinem Rücken. … Ich nahm es heraus und stach ihm zwei oder drei weitere Male in den Rücken …, während andere im Raum auf ihn eintraten. Ich legte meine Hand über seinen Mund und die andere auf seine Schulter, um ihn zu erwürgen.“

Am Lynchmord beteiligt ist auch Raed Sheikh, ein palästinensischer Polizist. Er sagt später:

„Ich nahm ein etwa 25 Zentimeter langes Eisenrohr und ging in den Raum, in dem die beiden Reservisten untergebracht waren. Ich sah, dass der eine Soldat lebte und auf den Beinen war. Ich näherte mich ihm mit dem Rohr in der Hand und schlug ihm auf den Körper, fünfmal, und auf den Kopf. Der Soldat machte ein grunzendes Geräusch. Ich schlug ihn weiter mit dem Rohr, während andere ihn angriffen.“

Eine antisemitische Lüge befeuert den Mob

Der bestialischen Tat geht ein fataler Irrtum voraus. Avrahami und Nurzhitz sind an diesem Tag eigentlich mit einem privaten Fahrzeug unterwegs zu ihrer Einheit, biegen an einer Kreuzung im Westjordanland jedoch falsch ab und steuern dadurch geradewegs auf das Zentrum von Ramallah zu. An einer palästinensischen Straßensperre werden sie angehalten, zum Aussteigen gezwungen und zur Polizeistation gebracht.

Derweil geht in der Stadt die Beerdigung des Palästinensers Halil Zahran zu Ende, der zwei Tage zuvor bei Zusammenstößen mit der israelischen Armee getötet wurde. Am Begräbnis nehmen Tausende von Menschen teil, unter denen das Gerücht die Runde macht, dass zwei israelische „Undercover-Agenten“ in der Polizeistation seien.

Daraufhin zieht ein mehr als tausend Köpfe zählender Mob dorthin, dessen antisemitischer Furor zusätzlich vor allem dadurch befeuert wird, dass seit Tagen das Gerücht umgeht, israelische Siedler hätten im Westjordanland den Palästinenser Issam Judeh Mustafa Hamed auf bestialische Weise getötet.

Der 40-jährige Mann wurde leblos in einer Blutlache neben seinem demolierten, auf dem Dach liegenden Auto gefunden – nach israelischen Angaben die Folge eines Unfalls, während palästinensische Behörden und Ärzte die Version verbreiten, dass dieser Unfall nur inszeniert worden ist und in Wahrheit ein grausamer Mord stattgefunden hat. Eine forensische Analyse der internationalen Organisation Physicians for Human Rights ergibt wenig später: Die israelischen Angaben stimmen, die palästinensischen sind schlicht gelogen.

Als der Mob die Polizeistation erreicht, versuchen Berichten zufolge einige palästinensische Polizisten vergeblich, ihn zurückzuhalten. 13 von ihnen werden dabei verletzt. Andere wie der bereits erwähnte Raed Sheikh schließen sich der Menge an, von der nun ein Teil ins Gebäude ein- und zu den beiden Reservisten vordringt, um sie zu töten.

Vadim Nurzhitz hat vier Tage zuvor geheiratet, über sein Mobiltelefon muss seine Frau jetzt mit anhören, wie ihr Mann gelyncht wird. Mit dem Mord an den Soldaten gibt sich die Masse jedoch nicht zufrieden: Die Leichen werden aus dem Fenster geworfen, an dem Abdel Aziz Salha eben seine blutigen Hände gezeigt hat; sofort beginnt die unter dem Fenster auf der Straße wartende Meute, weiter auf die leblosen Körper einzuschlagen, sie zu treten und anderweitig zu misshandeln.

Britischer Fotograf: „Ein Mord der barbarischsten Art“

Doch auch damit hat der Blutrausch noch kein Ende. Der britische Fotograf Mark Seager berichtet, was nun geschieht:

„Ich war gegen 10:30 Uhr morgens in Ramallah angekommen und stieg auf der Hauptstraße in ein Taxi, um nach Nablus zu fahren, wo eine Beerdigung stattfinden sollte, die ich filmen wollte, als plötzlich eine große Menge Palästinenser schreiend von der Polizeistation den Hügel hinunterrannte.

Ich stieg aus dem Auto aus, um herauszufinden, was geschieht, und sah, dass sie etwas hinter sich herzogen. Innerhalb weniger Augenblicke waren sie vor mir, und zu meinem Entsetzen sah ich, dass es eine Leiche war, ein Mann, den sie an den Füßen hinter sich herzogen. Der Unterkörper stand in Flammen, auf den Oberkörper war geschossen worden, und der Kopf wurde so heftig geschlagen, dass er zu Brei wurde, zu einer roten, gallertartigen Masse.

Ich hielt ihn für einen Soldaten, weil ich die Überreste der khakifarbenen Hosen und Stiefel sehen konnte. Mein Gott, ich dachte, sie haben diesen Kerl getötet. Er war tot, er muss tot gewesen sein, aber sie schlugen ihn immer noch, wie verrückt, und traten ihm auf den Kopf. Sie waren wie Tiere. …

Die Menge wurde immer wütender und rief: ‚Allahu akbar‘ – Gott ist größer. Sie schleppten den Toten auf der Straße herum wie eine Katze, die mit einer Maus spielt. Es war das Schrecklichste, was ich je gesehen habe, und ich habe aus dem Kongo, aus dem Kosovo, aus vielen schlimmen Orten berichtet. … Da war solch ein Hass, solch unglaublicher Hass und Zorn, der ihre Gesichter verzerrte. …

Ich weiß, dass nicht alle Palästinenser so sind, und ich bin ein sehr nachsichtiger Mensch, aber das werde ich nie vergessen. Es war ein Mord der barbarischsten Art. Wenn ich darüber nachdenke, sehe ich den zertrümmerten Kopf dieses Mannes. Ich weiß, dass ich für den Rest meines Lebens Albträume haben werde.“

Augenzeugen zufolge schleift der Mob die beiden gelynchten Israelis bis zum Manara-Platz im Zentrum von Ramallah und veranstaltet dort eine spontane „Siegesfeier“.

Kameras zerstört, Journalisten geschlagen

Die Bilder und Videos, die es von diesen grauenvollen Geschehnissen gibt, sind vom Kamerateam des kleinen italienischen Privatsenders RTI aufgenommen worden, wie die Fernsehredakteurin, Filmemacherin und Journalistin Esther Schapira berichtet.

Dieses Team sei zwar nicht das einzige vor Ort gewesen, vielmehr hätten sich vor der Polizeistation die Fotografen und Kamerateams gedrängt, „darunter ein britischer Fotograf, ein polnisches TV-Team, ein Producer für ABC Network und ein Team des ZDF“. Das polnische Team sei jedoch umzingelt und von palästinensischer Polizei geschlagen worden, „das ZDF-Team wurde ebenfalls attackiert, der Reporter als ‚Jude‘ beschimpft. Erst als er seinen deutschen Ausweis zeigte, ließen sie von ihm ab.“

Den Kameraleuten und Fotografen seien die Kameras zerstört und das Material beschlagnahmt worden, so Schapira. Nur RTI sei es gelungen, die Aufnahmen herauszubringen und zu senden. Die Korrespondentin habe danach Morddrohungen erhalten, die Region verlassen müssen und in Italien anschließend Polizeischutz benötigt.

Solche Praktiken und noch weit schlimmere gegenüber Journalistinnen und Journalisten sind in den palästinensischen Gebieten gang und gäbe; Menschenrechtsorganisationen berichten immer wieder über Repressalien gegenüber kritischen Medien, die bis zu Verhaftungen, Verschleppungen und Folter von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gehen können.

Der Lynchmord an Yossi Avrahami und Vadim Nurzhitz und die dazu gehörigen Bilder erschüttern die israelische Gesellschaft tief. Zwei Wochen nach dem Beginn der zweiten „Intifada“ wird immer deutlicher, dass es auf palästinensischer Seite nicht nur keinen friedenswilligen und kompromissbereiten Partner gibt, sondern dass der antisemitische Hass derart tief sitzt, dass er, wenn es die Gelegenheit dazu gibt, sich in barbarischer Weise austobt. Und die Serie der Selbstmordattentate gegen israelische Zivilisten hat da noch gar nicht begonnen.

Acht Männer verurteilt

Die israelische Armee reagiert auf die entsetzlichen Ereignisse in Ramallah mit Militärschlägen gegen Einrichtungen der Autonomiebehörde im Westjordanland und im Gazastreifen. Zu den Zielen gehören auch die Polizeistation, in der die beiden Reservisten gelyncht wurden, und das Hauptquartier von Jassir Arafat in der Nähe.

Wenige Tage später nehmen israelische Sicherheitskräfte einige Palästinenser fest, die sie verdächtigen, am Lynchmord beteiligt gewesen zu sein. Insgesamt kommen acht Männer in Haft, die später von israelischen Gerichten verurteilt werden.

Unter ihnen ist auch Abdel Aziz Salha, der Mann mit den blutigen Händen, der im Juni 2001 aufgespürt und festgenommen wird. Er erhält eine lebenslange Freiheitsstrafe, kommt jedoch bereits im Oktober 2011 frei – weil er zu jenen palästinensischen Häftlingen gehört, die gegen den israelischen Soldaten Gilad Schalit ausgetauscht werden. Schalit ist im Juni 2006 von der Hamas entführt und fünf Jahre lang in Gefangenschaft gehalten worden.

Dass Salha seine Tat inzwischen bedauert und bereut, lässt sich nicht behaupten: Wie aus einem Beitrag über ihn hervorgeht, den die antiisraelische Website Electronic Intifada im Januar 2013 veröffentlicht, glaubt er vielmehr weiterhin an die Propagandalüge, dass israelische Siedler einige Tage vor dem Lynchmord einen Palästinenser zu Tode gefoltert haben und dieser nicht bei einem Unfall ums Leben gekommen ist.

Typisch für den Antisemitismus

Das verweist auf ein typisches Kennzeichen des Antisemitismus: Exakt das, was Antisemiten den Juden unterstellen, ersehnen sie selbst – und dazu gehören auch die Vernichtungsfantasien, die immer wieder im Pogrom münden, wenn niemand Einhalt gebietet.

So war es bereits etwa beim antijüdischen Massaker von Hebron im Jahr 1929, das auf der Lüge gründete, die Juden wollten sich den Tempelberg unter den Nagel reißen und die Muslime von dort vertreiben. Und so war es beim Lynchmord von Ramallah, bei dem die beteiligten Palästinenser unter Beweis stellten, dass sie zu genau jenen Grausamkeiten willens und fähig sind, derer sie in ihrem antisemitischen Hass die Juden bezichtigen.

Eine Bezichtigung, für deren Entstehung und Verbreitung übrigens die Autonomiebehörde verantwortlich war: Die Lüge vom zu Tode gefolterten Issam Judeh Mustafa Hamed wurde unter anderem in deren Fernsehsender ausgestrahlt.

Die bisherigen Teile der Serie „20 Jahre zweite ‚Intifada‘“ auf MENA-Watch:

Nicht von Sharon provoziert, sondern von Arafat geplant (erschienen am 4. Oktober 2020)

Mohammed Al-Dura, ein Mythos und seine tödlichen Folgen (erschienen am 11. Oktober 2020)


Autor: Mena Watch
Bild Quelle: By יעקב - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9764985


Sonntag, 18 Oktober 2020

Waren diese Infos wertvoll für Sie?

Sie können uns Danke sagen. Geben Sie einen beliebigen Betrag zurück und zeigen Sie damit, wie viel Ihnen der Inhalt wert ist.



Folgen Sie uns auf:

flag flag